Nützlich
„Kontinuierliches ungarisches Leben kann man ab Ende des 19. Jahrhunderts in Nürnberg verfolgen. Ab 1888 existierte der Österreich – Ungarische Hilfsverein.
Unter der Leitung Fülöp Lengyels wurde 1911 ein neuer, ungarischer Verein gegründet, der Nürnberger Ungarnverein „Hungaria“, der bis Ende der 30-er Jahre aktiv war. Darüber berichtet die letzte schriftliche Bestätigung, eine geheime Gestapo Meldung. Von ehemaligen Mitgliedern, wissen wir, dass sie untereinander weiterhin Kontakt pflegten. Die Bücherei des Vereins wurde später dem Ungarischen Gymnasium in italy-farmacia.com Kastl übergeben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten viele Ungarn in den hiesigen Flüchtlingslagern. Nur aus Erzählungen wissen wir über ihre Veranstaltungen. Mit Lesestoff wurden unsere Landsleute von dem evangelisch – reformierten Pfarrer Imre Borcsiczky versorgt. Seine kleine Bücherei wurde später auch dem Gymnasium in Kastl übergeben.
Im Jahre 1955 wurde unter der Führung von Held Msgr. Gábor Vargha, ehemaliger Militärpfarrer und Seelsorger der hiesigen Ungarn, die Deutsch – Ungarische Gesellschaft gegründet.
Die Zusammensetzung der Ungarn in Deutschland, wie in Nürnberg, hat sich durch die Flüchtlinge der ’56-er Revolution verändert, verjüngt. 1957 wurde unter der Leitung des Studenten László Péntek aus Nárai die VUSB – Ortsgruppe (Verband Ungarischer Akademiker und Hochschüler in der BRD e.V.) mit eigenen Clubräumen in der Nunnenbeckstrasse gegründet.
Ab Ende der 60-er Jahre war Erlangen und Nürnberg das Zentrum des Studentenverbandes. (VUSB e.V.) In Nürnberg erschien das Heft der Studenten: „Tájékoztató“. Verschiedene Gruppierungen waren derzeit in der Stadt, wenn auch nicht immer miteinander kooperierend tätig.
1969 gründeten 20 Mitglieder unter der Leitung zweier ehemaliger Gymnasiasten aus Kastl, Studenten der Universität in Erlangen, Imre Giczi und Dezső Dóra den heutigen Ungarischen Kulturverein Nürnberg e.V. Ziel des Vereins war, „die in Nürnberg und Umgebung lebenden Ungarn zu einer kulturellen Gemeinschaft zusammenzufassen, … aus der Isolation hervorzutreten, … mit der Gesellschaftsordnung, Kultur und Sitten der neuen Heimat … vertraut zu machen“.
Im Leben des Vereins bedeutet das Jahr 1970 eine große Wende. Nach einer kurzen Übergangszeit wurde der Vorstand umgebildet: Károly Boda erster Vorsitzender und Sebestyén Manger, zweiter Vorsitzender. Unter ihrer Leitung stieg die Mitgliederzahl und einheimische Deutsche wurden Mitglieder.
Aus Anlass Dürers des 500-sten Geburtstags wurde 1971 eine ungarische Gedenkfeier in Nürnberg veranstaltet. Die Organisation übernahm der Ungarische Kulturverein in Zusammenarbeit mit dem damaligen Zentralverband Ungarischer Organisationen in Deutschland (München). Die Festrede bei der Veranstaltung im Gemeinschaftshaus – Langwasser hielt der Schriftsteller György Ferdinándy aus Porto Rico. Aus Kastl traten die Tanzgruppe und der Chor des Ungarischen Gymnasiums auf. Als Schirmherr war ein Vertreter der Bayerischen Staatsregierung anwesend. Aus der Stadt Nürnberg kam Gerhard Hirschmann, der damalige Direktor des Stadtarchivs und hielt die Ansprache. Weiterhin anwesend waren die Vertreter der Stadt Gyula
In der Dilherrstrasse eröffnete der Verein 1973 einen ungarischen Klub. Der neue Klub wurde zum beliebten Treffpunkt. Jahrelang beheimatete der Klub kleinere Veranstaltungen, Ausstellungen (z.B. Petőfi Gedenkjahr, Sándor Plugor aus Sepsiszentgyörgy, Transsilvanien) und familiäre Feste, wie Geburtstage, Hochzeiten. Oft kamen die ungarischen Mitglieder des Opernhauses nach ihren Vorstellungen zum Abendessen vorbei.
Bis Anfang der 70-er Jahre sind hauptsächlich emigrierte Persönlichkeiten, wie Dr. Zoltán Benkö, Gyula Borbándy, József Molnár, Alajos Nagy, Tibor Tollas, Bianca Zambeli, oder durchreisende Landsleute, wie Ibolya Farkas aus Kolozsvár, Klausenburg bei der Veranstaltungen des Vereins aufgetreten. In schöner Erinnerung blieb die „Entführung“ der, auf einer Messe in Nürnberg gastierenden Békéscsabaer Balassi Tanzgruppe, aus dem Hotel, zu einem gelungenen Abend in unserem Klub. Bald wurde die Ausreise von Kulturschaffenden aus Ungarn geduldet, später, wenn auch nicht immer, gefördert und somit konnten wir legal aus Ungarn Künstler auftreten lassen. Eine Delegation des Vereins, mit Károly Boda und Dr. Hermann Merz unter anderen, wurde in Gyula herzlich empfangen.
In Rahmen der Vereinsorganisation trat 1977 das Ungarische Staatliche Volksensemble in der Meistersingerhalle auf. In der damaligen Fränkischen Galerie in der Pilotystrasse, fand 1980 eine ungarisch – ungarische Kunstausstellung statt, mit den Werken von Lajos Barta aus Köln, Gábor Korányi, Ákos Muzsnai und István Püspöky aus Budapest. Für mehrere Jahre wurde die Fränkische Galerie zum Ort größerer Veranstaltungen. Zum 15-ten Jahrestag des Kulturvereins wurde die Ausstellung in der Galerie mit dem, schon zur Tradition gewordenen (seit 1971) Katharinen – Ball im „Stadtpark Restaurant“ verbunden. Die Schirmherren, Dr. István Horváth, der Botschafter aus Bonn und Dr. János Gosztonyi, Generalsekretär des Weltverbandes der Ungarn waren auch dabei. Alle Mitglieder des Vereins und unsere Landsleute denken mit liebe noch heute an die Besitzer der Fränkischen Galerie, die Eheleute Ernst Süß (Ernő) und Anna (Édes Anna) zurück.
In den letzten Jahren konzentriert sich die Tätigkeit des Kulturvereins im Gemeinschaftshaus – Langwasser. Die monatlich von Ungarn wie Deutschen besuchten Clubabende finden hier statt. Die, von kleineren Vorträgen bereicherten Abende, geleitet von dem aus Szászrégen, Siebenbürgen stammenden, Zweiten Vorsitzenden Valentin Sighisorean, haben alle unsere Erwartungen übertroffen.
Es ist wenig Platz um alle Tätigkeiten der Mitglieder des Kulturvereins in Nürnberg auf zu zählen, um mehrere hundert Veranstaltungen und die Mitwirkenden zu würdigen. Die, über hundertseitige Facharbeit von Veronika Kovács aus Györ (2oo4) konnte nur einen Bruchteil der Tätigkeit des Ungarischen Kulturvereins Nürnberg darstellen. Zu den Erfolgen haben viel die deutschstämmigen Mitglieder beigetragen, um nur zwei Namen zu nennen Dr. Hermann Merz, zweiter Vorsitzender ab 1976 bis zu seinem Tode, und die Eheleute Frey. Auf Vorschlag des ersten Vorsitzenden wurde Dr. Merz, Verena Frey, Ernst Süß, Imre Giczi, Ferenc Domonkos, Ilma Poppe die Anerkennung Ungarns zuteil.
– Rozmán Lajos –